Polo's Schmetterding
Zum ersten Mal hörte ich
von Polo irgendwann Mitte der 60er Jahre, als zwei Typen neben mir über
ihn redeten. Der eine erzählte dem andern, dass er eine Band gehört
habe, wo der Drummer singe und zwischen den Songs Witze erzähle. Das sei
super.
Ich mag mich zwar an
keine Witze mehr erinnern, als ich ihn dann selber auf der Bühne im
Tscharni erlebte, dafür verlängerte er den Na-na-na-na-Chor am Schluss
von Hey Jude bis an die Schmerzgrenze und sang mit zunehmender Dauer
absichtlich immer falscher, was ich irgendwie enorm lässig fand. Unter
welchem Namen das stattfand, weiss ich heute nicht mehr genau. Es waren
wohl Polo’s Pop Tales, vielleicht auch Polo and the Jetman. Man wusste
ja nie so genau, unter welchem Namen und in welcher Formation Polo
gerade unterwegs war.
Später sah ich ihn an
einer Vernissage im Zähringer, dann im Käfigturm-Theater und im Kursaal
– oder im legendären Amtshüsi . Dort allerdings nur von der Eingangstüre
aus, da durfte ich abends noch nicht rein. Dasselbe war in der Glocke
der Fall, wo er auch viel spielte. Mir gefielen besonders Dear Mr.
Fantasy von Traffic und Hush von Billy Joe Royal. Er spielte soulige
Songs, viele kannte ich nicht, eigentlich keine Beatmusik, aber auch
Schräges wie das Lied vom Massenmörder Hartmann. Er sang verdammt gut
und drummte leidlich – die ganze Atmosphäre faszinierte mich so wie so.
Livemusik hautnah. Ein Drummer, der singt, das leuchtete mir ein.
In der zweiten Phase sah ich ihn wieder im Gaskessel Bern. Soweit ich
mich erinnern kann, nannte sich die Band damals Polo’s Oberländli Bändli
und spielte u.a. Santana-Tunes, aber auch Lieder mit berndeutschen
Texten. Da habe zum ersten Mal Mundart Rock gehört. Der Hofer hat
gezeigt, dass dies klappen kann. Kurze Zeit später kamen auch wir
Grünspäne zur Einsicht, dass es gäbiger geht, zu singen und zu texten
wie einem der Schnabel gewachsen ist. Damals habe ich erstmals mit Polo
gesprochen als grosser Fan. Unter dem Namen Rumpelstilz wurde die Band
kurze Zeit später berühmt.
Die erste Scheibe haben
die Musiker 1974 in unserm Bauernhaus in der Hämlismatt eingeprobt.
In der dritten Phase suchte Polo nach dem Split der Stilze eine Band, um
den UKW-Song aufzunehmen, einen Auftrag vom Schweizer Radio. Er dachte
dabei an Span. So kam es, dass er eines Tages in der Hämlismatt
auftauchte und sich am Küchentisch von Schöre ein schönes Stück
Suppenfleisch servieren liess, wie das Foto zeigt. Anfänglich ging es
ihm allerdings weniger um Suppenfleisch und Chianti, als vielmehr darum,
unsere Studiotauglichkeit zu testen. Immer an seiner Seite
Schnoutz-Inhaber, Manager, Berater und Produzent Eric Merz. Die beiden
klärten ab, ob Polo mit dieser Formation seine Karriere fortsetzen
könnte. Er konnte.
Der UKW-Song tauchte
1978 als Vollmond auf der ersten gemeinsamen Scheibe auf – und Span ging
für vier Jahre im SchmetterDing auf. Polos aufgestellte Art und sein
ansteckender Optimismus haben uns viel geholfen. Er bleibt auch in der
kleinen Runde der Entertainer vom Dienst. Von seinem enormen Wissen über
die verschiedensten Musikstile habe ich viel profitiert. Die Episoden
mit ihm würden ein ganzes Buch füllen. Als Mitmusiker habe ich am
meisten seine Fähigkeit geschätzt, mit dem Publikum Kontakt aufzunehmen
und so auf der Bühne und im Saal eine lockere Stimmung aufkommen zu
lassen, in welcher es einem leicht fiel, selber auch locker
aufzuspielen. Wir begegneten uns ab 1981 nach dem SchmetterDing-Split
immer wieder, privat und musikalisch. Unvergesslich bleibt mir unser
gemeinsamer zweiwöchiger Bildungsurlaub am Jazz- und Heritage-Festival
in New Orleans. Dass ich mit einer gebrochenen Hand heimkehrte, kann der
Polo wirklich nichts dafür.
1996 machten wir einen
Sommer lang eine SchmetterDing-Reunion-Tour mit Röfe LL Lüthi (git,
unten rechts) und Stefan W. Müller (keys, unten links). Bis heute dürfen
wir ihn immer wieder mal als Gast bei einem Span-Gig begrüssen, so wie
im Juni 2007 auf dem Thunersee-Dampfer MS Oberland, als er nach einem
Spitalaufenthalt für alle überraschend in Oberhofen an Bord stieg, die
Bühne enterte und fünf Songs mitsang. Auf dem Foto singen wir gemeinsam
das Tägertschi Märschi.
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